Künstler*in
© Peter HundertSofia Gubaidulina
Sofia Gubaidulina, 1931 im tartarischen Tschistopol geboren, zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Komponist*innen Russlands. Sie studierte Komposition und Klavier zunächst in Kasan, im Abschluss 1954–1963 in Moskau. Als Studentin wurde sie mit einem Stalin-Stipendium ausgezeichnet, während ihre Musik als »pflichtvergessen« kritisiert wurde. Dmitri Schostakowitsch ermutigte sie jedoch, ihren »Irrweg« fortzusetzen.
In den 1960er und 70er Jahren waren die Werke von Sofia Gubaidulina in der Sowjetunion verboten, da ihre Musik nicht den Vorstellungen des Sozialistischen Realismus entsprach. Ihr Erfolg im Westen wurde vor allem von Gidon Kremer und auch von Reinbert de Leeuw unterstützt, der ihr 1. Violinkonzert ›Offertorium‹ 1981 uraufführte. Seitdem gehört Sofia Gubaidulina mit Alfred Schnittke und Edisson Denissow zu den führenden und weltweit anerkannten russischen Komponist*innen der Post-Schostakowitsch-Ära.
Im Jahr 2000 erhielt Gubaidulina gemeinsam mit Tan Dun, Osvaldo Golijov und Wolfgang Rihm von der Internationalen Bachakademie Stuttgart einen Kompositionsauftrag zum Projekt ›Passion 2000 (im Gedächtnis von J. S. Bach)‹. Ihr Beitrag war eine ›Johannespassion‹. 2002 folgte die Komposition ›Johannes-Ostern‹. Beide Werke bilden ein Diptychon über Tod und Auferstehung Christi; das umfangreichste Werk Gubaidulinas bisher. Das 2. Violinkonzert ›In tempus praesens‹ ist Anne-Sophie Mutter gewidmet. 2003 war sie auf Einladung von Walter Fink die erste Frau, die beim jährlichen Komponistenporträt des Rheingau Musik Festivals auftrat.
Seit 1992 lebt Sofia Gubaidulina in Deutschland. Sie ist Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, der Freien Akademie der Künste in Hamburg sowie der Königlich Schwedischen Musikakademie Stockholm sowie Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Letters. 1990 wurde sie zum Mitglied des Komitees für Verleihung der Lenin-Preise ernannt. 1999 wurde sie in den Orden Pour le Mérite aufgenommen. Seit 2001 ist sie Ehrenprofessorin des Konservatoriums von Kasan, seit 2005 auch an den Konservatorien von Beijing und Tianjin. 2018 wurde sie in die Academy of Motion Picture Arts and Sciences berufen, die jährlich die Oscars vergibt.